"Möchtest du die Malsachen oder die Spielfiguren?"

Kürzlich sass ich im Café gleich neben einer jungen Familie. Während ich meinen Cappuccino genoss, erlebte ich folgende Situation mit: Das ca. 3-jährige Kind hatte seine Pommes aufgegessen und für sich entschieden, dass es nun genug lange stillgesessen hat. Es wollte die Welt erkunden, und zwar die Welt draussen vor dem Café, dies am liebsten ohne die Schuhe anzuziehen. Die Eltern waren beide noch am Essen. Der Papa stand auf und schnappte sich das Kleinkind, welches nun natürlich protestierte. Er wollte dem Kind erklären, warum es nicht in den Socken nach draussen kann und dass die Eltern doch noch fertig Essen wollten. Die Mama stand auf und sagte «by the way» zu ihrem Mann: «Denk dran, Auswahl geben».

«Wir bleiben noch am Tisch. Möchtest du deine Malsachen oder die Spielfiguren?» lautete nun die Frage des Papas.

Schlagartig hörte das Gezappel des Kleinkindes auf, es dachte kurz nach und wählte die Malsachen. Die Eltern konnten ihr Essen in Ruhe fertig essen. Oder mindestens so lange, bis das Baby zu weinen begann, aber das ist ein anderes Thema 😉

Ich war begeistert und beeindruckt von diesen jungen Eltern. Die Situation hätte eben so gut in einen Machtkampf mit Geschrei und Frust münden können. Ich habe jedenfalls schonmal vorsorglich mit den gestressten Eltern mitgelitten.

Doch mit der einfachen Intervention «eine Auswahl geben» konnte der Papa nicht nur die Eskalation abwenden, nein, er blieb auch im Alpha. Und das Kind fühlte sich offensichtlich ernst genommen (es durfte entscheiden) und gesehen (es war im langweilig, es bekam ein Beschäftigungsangebot), so konnte es zur Ruhe kommen und kooperieren.

Dass wir im Alpha (also in der fürsorglichen Führungsposition) bleiben, fühlt sich für uns Eltern viel besser an, als wenn wir uns der Situation ausgeliefert fühlen. Und es ist für unsere Kinder so immens wichtig, dass sie uns als «Alpha» erleben. «Im Alpha sein» bedeutet nicht nur, dass ich sage, wo es lang geht, sondern auch, dass ich mich liebevoll um meine Kinder kümmere. Es bedeutet, dass ich die Bedürfnisse meiner Kinder wahrnehme und erfülle, aber eben auch, dass ich gesunde Grenzen setze, auch meine eigenen! Als Alphapersonen geben wir also Orientierung, Halt, Schutz, aber auch Raum zum Entdecken und Entfalten, und noch so viel mehr.

Ich gehe davon aus und erlebe es auch so, dass weitaus die meisten Eltern den Wunsch haben, Kindererziehung «richtig und gut» zu machen. Doch es gibt nicht nur ein «richtig», das Thema Kindererziehung ist so vielschichtig wie unsere Kinder und die Familiensysteme verschieden sind. Und das sorgt oft für Verunsicherung. Eltern fragen sich, ob sie diese oder jene Grenze setzen dürfen oder ob ein Verlangen des Kindes nun ein echtes Bedürfnis oder doch nur ein Wunsch ist, usw. Und in dieser Verunsicherung sollten Eltern nun im Alpha sein, die Antwort für ihr Kind sein. Gar nicht so einfach…

Die gute Nachricht ist, dass wir alle über ein Bauchgefühl, eine Intuition verfügen. Und ich mache die Erfahrung, dass aus diesem Bauchgefühl heraus ganz viel sehr gut gemacht wird. Leider ist es manchmal etwas verschüttet unter eigenen schwierigen Erfahrungen oder wir trauen dem eigenen Bauchgefühl nicht mehr, aus welchem Grund auch immer… Doch tief in sich wissen die meisten Eltern, dass und wie sie die Alpharolle in der Familie einnehmen sollten. Nun braucht es nur noch den Mut, es auch zu tun.

 

Falls du mehr über dieses Thema erfahren möchtest, oder wenn du merkst, dass dein Bauchgefühl verschüttet ist, lade ich dich herzlich in meinen neuen Onlinekurs «Leuchtturm sein» ein.

Dieser Onlinekurs ist für Eltern, Lehr- und Betreuungspersonen die mit ihren Kindern und Teenagern liebevoll, fürsorglich aber auch mit klaren Leitlinien unterwegs sein möchten.

Im Bild des Leuchtturms gesprochen: Zu einem Ort werden, wo Kinder und Teenager sich sicher und geborgen fühlen und wo sie klare Orientierung erhalten.

Der Kurs findet an 4 Abenden im Juni statt. Weitere Infos und Anmeldung: