Bücherwurm und Leseratten

In den letzten Wochen haben wir das Zimmer eines unserer Kinder geräumt. Für mich war es wie eine kleine Reise durch die letzten beiden Jahrzehnte, begleitet durch viele «oh, weisst du noch?» und «das waren noch Zeiten…».

Nicht schlecht gestaunt habe ich, ob der vielen Bücher, die es zu sortieren galt. Natürlich wusste und weiss ich, dass alle unsere Kinder gerne lesen. Aber wenn man die Bücherstapel Treppen rauf und runter schleppen muss, wird einem noch einmal neu bewusst, wieviel Geld man in den letzten Jahren in gute Kinder- und Jugendbücher investiert hat.

Natürlich wussten unsere Kinder ganz genau, dass Mama bei der Frage «kaufst du mir dieses Buch?» ziemlich selten «Nein» sagte und sie nutzten diese Tatsache auch weidlich aus. Doch wenn ich sie dann in der Hängematte, im Wohnwagenbett oder auch einfach auf dem Sofa mit der Nase in einem Buch entdeckte, dann bereute ich keinen Franken.

Nicht selten entstanden (und entstehen immer noch) gute Gespräche über die Inhalte, Figuren und Geschichten. Manchmal wurden sie kritisch hinterfragt, oft wurde herzlich gelacht oder über ein angestossenes Thema weiter diskutiert.

Als besonderen Schatz erlebte ich die Bücherwelt während schwierigen Zeiten. Sei dies auf Grund von Krankheiten und Verletzungen, während der Pubertät (wenn manchmal einfach alles blöd ist…) oder in anderen Krisen. Dann war die Welt zwischen den beiden Buchdeckeln manchmal wie eine Insel oder eine heile Welt in die man sich temporär zurückziehen und über die man reden kann, auch wenn der Austausch sonst gerade schwierig ist.

Und dies ist auch der grosse Vorteil gegenüber der Flucht aus dem Alltag via Handy: In dieser geschriebenen Welt der Geschichten befinden wir uns mitten im «Spiel». Was hier passiert, ist nicht echt (zumindest nicht in unserem Leben), die Geschichte hat ein Anfang und ein Ende und wir müssen keine Leistung bringen, sondern dürfen einfach sein und miterleben. Und hin und wieder dürfen wir uns inspirieren lassen von dem, was wir lesen. Natürlich treffen diese Kriterien auch auf Filme zu. Ich möchte gar nicht das eine gegen das andere ausspielen, denn gute Filme haben definitiv auch ihre Vorzüge. Doch das wunderbare an den Büchern ist, dass sie in der Regel wenig bis gar keine Bilder liefern. Diese liefert unser Gehirn während dem Lesen selbst. Und dies wiederum fördert die Fantasie und die Vorstellungskraft. Wer war nicht schon enttäuscht von einem Film, nachdem man zuerst das Buch gelesen hatte?

Nicht selten habe ich ein Kind gefragt, woher es denn dieses oder jenes wisse, oder warum es ein bestimmtes Fremdwort kennen würde und darauf die Antwort erhalten: «Aus jenem Buch natürlich…»

Vielleicht fragst du dich jetzt, wie man aus Schulkindern Leseratten machen kann. Ich würde sagen, dafür braucht es 3 Dinge:

-        Die Grundlage ist sicher das Vorlesen, welches die Liebe zu Bücher und Geschichten überhaupt entfacht.

-        Dann brauchen die Kinder Vorbilder: das heisst also, selber lesen und davon schwärmen.

-        Jede Leseratte braucht ausreichend Futter: Bibliothek-Abo lösen oder regelmässig in Bücherläden stöbern. Am besten beides, das wirkt sicher 😊

Während viele Bücher weiterziehen durften, brachte ich es bei einigen, von denen ich weiss, dass sie unsere Kinder inspiriert und vielleicht sogar geprägt haben, nicht übers Herz, sie weg zu geben.

Ein paar davon werde ich im nächsten Beitrag vorstellen, vielleicht inspirieren sie andere Familien ja auch?

Bis dahin wünsche ich schöne Lesestunden für gross und klein. 😊

Ps. Bist du beim Onlinkurs “Ängste und Trauma verstehen” dabei?

Angela Indermaur